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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 28.02.2010


Dee Dee Bridgewater - Eleanora Fagan, 1915-1959, To Billie with Love from Dee Dee
Nadja Grintzewitsch

Im endlosen Sternenhimmel der Billie-Holiday-Imitationen ist ein neuer, funkelnder Satellit aufgetaucht. Die Neuinterpretation der bekanntesten Werke von "Lady Day" überzeugt durch fetzige...




...Rhythmen und die unvergleichliche Stimme der Königin des Jazz.

Eleanora Fagan alias Billie Holiday alias Lady Day ist als eine der größten Jazzikonen bekannt, auch wenn sie musikalisch eher der Bluesrichtung zuzuordnen ist. Als eine der ersten schwarzen Sängerinnen trat sie mit Legenden wie Benny Goodman oder Lester Young auf. Die Songs der Lady wurden gefühlte zwei Millionen Mal von unterschiedlichen KünstlerInnen aus unterschiedlichen Genres interpretiert - doch diesmal ist es keine geringere als Dee Dee Bridgewater, die sich dem Werk Holidays widmet.

Es ist nicht die erste Liebeserklärung der grandiosen Sängerin an eine/n berühmte/n KünstlerIn. 1995 verneigte sie sich mit dem Album "Love and Peace" musikalisch vor dem Pianisten und Komponisten Horace Silver, welchen sie erstmals durch ein Trompeten-Engagement ihres Mannes Cecil Bridgewater kennen lernte. Zwei Jahre später folgte der Longplayer "Dear Ella", eine akustische Hommage an die Jazzsängerin Ella Fitzgerald, das als "Best Jazz Vocal Album" mit einem Grammy ausgezeichnet und anschließend für den Echo nominiert wurde. Der Erfolg des Albums war abzusehen, denn in den 1970 iger Jahren hatte Bridgewater am Broadway die Ella Fitzgerald gespielt und kannte sich daher mit dem Stoff bestens aus.
Auch Billie Holiday stellte für sie alles andere als unbekanntes Terrain dar. 1987 wurde sie für den Laurence Oliver Award nominiert, und zwar für ihre Darbietung der Legende im Pariser Musical "Lady Day".

© Mark Higashino


Dee Dee Bridgewater wusste: Eine bloße Imitation der Blueslegende wäre einer posthumen Beleidigung gleich gekommen. Insofern setzte sie alle Hebel in Bewegung, um eine spritzige Neuinterpretation zu schaffen, die einer Billie Holiday würdig wäre. Die Neuarrangements zu zwölf ausgewählten Songs schrieb der puertoricanische Pianist Edsel Goméz, langjähriges Mitglied in Bridgewaters Band.
Mit "To Billie with Love from Dee Dee" wollte die Sängerin nach eigenen Angaben kein düsteres, rührseliges Album schaffen, und schon gar keinen Nachruf. "I wanted the album to be joyful", erklärt Bridgewater im beiliegenden Booklet.

Bereits das erste Stück auf der Scheibe lässt erkennen, wie gut Bridgewater dieses Credo in die Tat umsetzt. Lady sings the Blues, eines der bekanntesten und schmerzvollsten Stücke von Billie Holiday, mutiert zu einem wahren Feuerwerk an Lebensfreude. Die letzten Zeilen des Stücks jubelt Bridgewater geradezu in die Welt hinaus: "But now the world will know / She´s never gonna sing them no more". Multitalent James Carter brilliert dazu auf dem Tenorsaxofon und untermalt spielerisch die Höhenflüge von Bridgewaters Stimme.

Ebenso schmissig kommt das zweite Stück der Platte All of me daher. Das Sopransaxofon und die Sängerin liefern sich einen virtuosen Dialog, scheinbar schwerelos führt Bridgewaters Stimme Carters Solo mit einem sportlichen Scatgesang weiter. Die Textzeilen, ursprünglich trübselig und kummervoll, klingen auf diese Weise plötzlich fast neckisch: "You took the part that once was my heart / so why not take all of me?".

Die langsameren Stücke wie You´ve changed oder Foggy Day wecken Assoziationen an verrauchte, in Rotlicht getauchte Kellerbars, lassen aber auch an Lobbyklänge eines Vier-Sterne-Hotels denken. In ihnen klingt die Stimme der Sängerin sanft und melancholisch, es ist ein beeindruckendes Spektrum an Emotionen, welches die Bridgewater da bietet.
Eine Explosion an Schmerz bekommt frau schließlich im letzten Stück Strange Fruits zu hören, welches von SklavInnenarbeit erzählt. Kratzig-düster wechselt sich die Stimme der Diva mit jammervollen Saxofoneinschüben ab, passend zum makabren Text: "Black bodies swinging in the southern breeze / strange fruits hanging from the poplar trees". Zeilen, die eine/n eiskalt schaudern lassen.

AVIVA-Tipp: Dieses Album vereint eine mal fragil und zerbrechlich, mal herb klingende Dee Dee Bridgewater mit einer extrem gut aufgelegten Jazzband.
Mit "To Billie with Love from Dee Dee" gelang der Interpretin und ihren hochkarätigen Bandmusikern eine aussagekräftige Hommage an die viel zu früh verstorbene, drogenabhängige Bluesikone. Die Interpretin fasst das Leitbild dieses Longplayers in eigenen Worten folgendermaßen zusammen: "Young people take note of this woman´s life, this woman´s bravery, so you too can learn to stand up, and not to be afraid to speak in your own voice."


Dee Dee Bridgewater
Eleanora Fagan (1915-1959): To Billie with Love from Dee Dee Bridgewater

Label: Embracy / Universal Music Germany, VÖ Februar 2010

Weiterhören auf AVIVA-Berlin:

Dee Dee Bridgewater - Red earth

Elisabeth Kontomanou - Back to my groove

Ella Fitzgerald – We all love Ella

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Beitrag vom 28.02.2010

AVIVA-Redaktion